Einen Plot festlegen/entwickeln

Es ist etwas schwierig, den Begriff »Plot« ins Deutsche zu übersetzen. Oftmals nennt man es »Handlungsstrang« oder »Ablauf«, aber das trifft es nicht ganz.

Der Plot ist das, was passiert, der Ablauf der Geschichte, die Handlung(en). Das bedeutet, es ist die Art, wie Sie die Situation(en) inszenieren, wo die Wendepunkte der Geschichte verankert sind und was die Figuren am Ende der Geschichte tun werden.

Ein Plot ist eine Reihe von Ereignissen, die von Ihnen, der Autorin, ganz bewußt so arrangiert werden, daß sie ihre dramatische, thematische und gefühlsmäßige Bedeutung entfalten.

Plot ist somit kein Zufall, sondern in allererster Linie kühl überlegte Planung.

Wenn Sie also Ihre nächste Geschichte »plotten«, denken Sie an folgendes:

  • Explosion oder »Aufhänger«: Ein spannendes, ergreifendes, aufwühlendes und mitreißendes Ereignis oder Problem, das die Aufmerksamkeit der Leserin sofort fesselt.
  • Konflikt. Eine Figur kämpft gegen ihr eigenes inneres Selbst oder eine von außen an sie herantretende Herausforderung in Form eines Menschen oder widriger Umstände.
  • Exposition. Stellen Sie Hintergrundinformationen zur Verfügung, um die Charaktere im richtigen Zusammenhang zu sehen.
  • Komplikation. Ein Problem oder mehrere Probleme, die die Figur vom angestrebten Ziel fernhalten.
  • Verbindung. Ein Bild, ein Symbol, ein Dialog, die Absätze und Szenen miteinander verbinden.
  • Rückblende. An etwas erinnern, das vor Beginn der Erzählung in der Kurzgeschichte geschehen ist.
  • Höhepunkt. Die Handlung der Geschichte erreicht den Gipfel, den Scheitelpunkt.
  • »Falling action«. Zu deutsch: »Abfallende Handlung«, was es wieder nicht richtig trifft. Gemeint ist der Abbau der Spannung nach dem zuvor aufgebauten und überstandenen Höhepunkt.
  • Auflösung. Der innere oder äußere Konflikt wird gelöst.

All diese Voraussetzungen sollte eine Kurzgeschichte erfüllen, um spannend und fesselnd zu sein. Aber wie komme ich zu so einem Plot?

Wenn ich beispielsweise eine Ausgangssituation habe wie folgende: Die Lebensgefährtin der Protagonistin kommt eines Tages nach Hause und sagt, sie liebt sie nicht mehr, sie wird sie nun verlassen.

Was kann aus dieser Situation entstehen? Lassen Sie einfach alle Ideen zu, betreiben Sie »Brainstorming«, eigentlich »Gehirnsturm«, aber wir nennen es jetzt einfach mal »Ideensammlung«.

  1. Die Protagonistin wird ein »workaholic«, ein Arbeitstier.
  2. Die Protagonistin wird ein »sexaholic«, eine Nymphomanin, die sich nicht mehr auf Liebe einläßt, nur noch auf körperliche Befriedigung ohne gefühlsmäßige Anteilnahme.
  3. Die Protagonistin zieht in eine andere Stadt.
  4. Die Protagonistin sucht sich einen neuen Job.
  5. Sie müssen das Haus verkaufen.
  6. Die Protagonistin beginnt eine Therapie und verliebt sich in die Therapeutin.
  7. Die Lebensgefährtin kommt zurück, hat es sich anders überlegt und will wieder mit ihr zusammenleben. Die Protagonistin akzeptiert.
  8. Die Lebensgefährtin kommt zurück, hat es sich anders überlegt und will wieder mit ihr zusammenleben. Die Protagonistin akzeptiert nicht.
  9. Die Protagonistin begeht Selbstmord (für eine el!es-Geschichte natürlich nicht akzeptabel).
  10. Die Lebensgefährtin begeht Selbstmord.
  11. Die Protagonistin geht zu ihren Eltern zurück und zieht bei ihnen ein.
  12. Die Protagonistin lernt eine neue Frau kennen und wird glücklich.
  13. Die Protagonistin lernt eine neue Frau kennen und wird unglücklich.
  14. Die Protagonistin wandert nach Afrika aus.
  15. Die Protagonistin findet endlich zu sich selbst, gründet eine Sekte und wird Guru.

Der nächste Schritt wäre nun, aus den gefundenen Ideen eine auszuwählen und dann für diese Idee das nächste »Brainstorming« zu veranstalten.

Beispielsweise Punkt 15. Sie gründet eine Sekte. Die Sekte nimmt ihre ganze Zeit in Anspruch, also kann sie nicht mehr arbeiten gehen. Woher bekommt sie das Geld zum Leben? Okay, die Sektenmitglieder bezahlen sie dafür, daß sie so ein toller Guru ist. Sie kauft sich einen Rolls Royce. Und dann hat sie damit einen Unfall . . . Die Ärztin, die sie aus dem Wrack zieht, verliebt sich in sie. Aber der »Guru« will ja keine Liebe mehr, und zudem sieht die Ärztin zu sehr aus wie ihre Ex. Die Ärztin gibt aber nicht so leicht auf. Da kommen die Sektenmitglieder und bedrohen die Ärztin, weil sie ihren Guru nicht verlieren wollen . . .

Und so weiter, und so fort.

Es gibt unendlich viele Möglichkeiten, Dramatik und Spannung in eine Geschichte einfließen zu lassen.

Nur eins darf die Geschichte nicht sein: langweilig.