Das ist ein Zitat von Mark Twain, einem Schriftsteller, der es wissen muß(te).

Was ist so schlimm an Adjektiven, daß man sie gleich umbringen muß? werden Sie sicherlich fragen. Was ist falsch an einer »schönen Frau«, einem »grünen Kleid« oder einem »hoch in den Himmel ragenden Haus«?

Erst einmal nichts. Nur »Frau«, »Kleid« oder »Haus« – bar aller Adjektive – klingt irgendwie nackt, das muß wohl jeder zugeben. Eine Vorstellung vermitteln die Substantive (Hauptwörter) allein nicht. Eine Frau kann schön oder häßlich sein, dick oder dünn, groß oder klein, blond, rothaarig oder dunkel. Da ist es doch am besten, wenn man das gleich dazuschreibt – oder nicht?

Wie Radio Eriwan früher stets so gern die Antworten auf solche Fragen begann: Im Prinzip ja.

Dieses »Im Prinzip ja« kündigte bei Radio Eriwan immer schon das Gegenteil an, und das tut es auch hier. Ein Adjektiv an sich ist nichts Schlechtes, aber im Übermaß verwendet sind Adjektive grauenhaft langweilig. Wenn Sie in jedem Satz, vor jedem Substantiv und in der Form als Adverb auch noch zu jedem Verb eines hinzusetzen, werden Sie keine große Leserschar gewinnen, die sind nämlich nach kürzester Zeit eingeschlafen oder haben die Geschichte zur Seite gelegt.

Diese »Adjektivsucht« ist ein berühmter Anfängerfehler, über den in jeder Schreibschule lamentiert wird. Aber nicht nur Anfänger hängen diesem Fehler an, auch die bekannteste Autorin unserer Tage, J. K. Rowling, ist davor nicht gefeit. Ihr Harry Potter wimmelt von Adjektiven und Adverbien. Stephen King sagte einmal dazu, »daß es wohl kein Adverb gebe, das die Autorin nicht liebe, weshalb sie sie im Übermaß verwende, doch störe das den Lesefluß nicht wirklich.«

Das ist der entscheidende Punkt: Stört die übermäßige Verwendung von Adjektiven den Lesefluß oder nicht? Einen Vorteil haben Adjektive und Adverbien, und das wird auch J. K. Rowling als positiv bescheinigt: Rowlings Stil besticht durch hohe Lesbarkeit und Klarheit.

Lesbarkeit und Klarheit, Eindeutigkeit, gehen nicht immer Hand in Hand. Rowling ist es gelungen, aber Rowling ist auch eine übermäßig begabte und disziplinierte Frau, eine Handwerkerin von hohem Format mit viel Phantasie. Wer das von sich behaupten kann, dem seien auch ein paar Adjektive zuviel verziehen, aber leider trifft das für die wenigsten Schreibenden zu.

Weshalb die Adjektivsucht eher ein Anfängerfehler als eine Vorliebe professioneller AutorInnen ist, läßt sich leicht erklären. AnfängerInnen denken immer, sie könnten vergessen, etwas genau genug zu beschreiben, die Leserin könnte sich vielleicht nicht exakt das vorstellen, was sie beim Schreiben gedacht haben.

Darüber braucht man sich eigentlich keine Gedanken zu machen, denn die Leserin versteht nie das, was man sich beim Schreiben gedacht hat. Die Leserin liest das Buch aus ihrer eigenen Perspektive, fügt ihre eigene Erwartung und Lebenserfahrung hinzu, und schon ist alle Beschreibung vergebens. Was bei ihr ankommt ist meist weit entfernt von dem, was wir AutorInnen uns vorstellen.

Und das ist durchaus in Ordnung. Deshalb ist es sinnlos, durch möglichst viele Adjektive eine besonders genaue Vorstellung im Kopf der Leserin erzeugen zu wollen, ihr alle (meist unwichtigen) Details um die Ohren zu schlagen und zu erwarten, daß sie sich dadurch auch noch besonders gut unterhalten fühlt.