Ich nehme noch einmal eine Frage aus dem ersten Kommentar zu »Gefühlvoll lesen (und schreiben)« auf.

Tja, wie lange braucht man wohl für einen Roman? Es dauert so lang, wie es dauert, ist wohl die einzig zutreffende Antwort.

Es kommt natürlich darauf an, was für einen Roman man schreibt und was für ein Typ »Schreiberling« man ist.

Die Schriftstellerin Irmgard Keun sagte einmal: »In 4 Wochen kann ich ohne Anstrengung einen schönen, leichten Sommerroman schreiben«.

Ist das vielleicht ein Anhaltspunkt? Nun ja, für Irmgard Keun eventuell, die die Gabe hatte, selbst sehr ernste Themen mit leichter Hand zu verpacken. Sie schrieb schnell und schnörkellos, die Geschichte führte sie von Ort zu Ort, von Seite zu Seite.

So eine leichte Hand ist nicht jeder Schriftstellerin gegeben. Geschichten sind manchmal sperrig, wollen nicht so richtig fließen, wehren sich gegen ihre Vervollständigung und Vervollkommnung.

Woran liegt das?

Oftmals will sich eine Geschichte dann nicht entwickeln, wenn man eigentlich nicht so genau weiß, worüber man schreiben will. Manchmal liegt das an mangelnder Planung, zu wenig Vorbereitung und auch zu wenig Überlegung.

Manchmal liegt es daran, daß die Geschichte zu schwer für den eigenen Kopf ist. Vielleicht ist es eine traurige Geschichte, die man selbst erlebt hat, oder eine Geschichte, die einen sehr betroffen macht.

Es gibt viele Gründe. Und deshalb gibt es auch keine eindeutige Antwort auf diese Frage.

Was allerdings sicherlich hilfreich ist, um das Schreiben eines Romans in einen überschaubaren Rahmen zu stellen, ist eine Art »Stundenplan«.

Für die meisten ist Schreiben ja nicht ihr Beruf, somit muß sich jede Autorin überlegen, wann die Zeit zum Schreiben für sie am günstigsten ist und wieviel sie davon hat und einsetzen kann.

Wichtig ist:

Jeden Tag schreiben!

Ein Roman ist – anders als eine Kurzgeschichte – ein großes Projekt, das man nicht einfach so nebenbei erledigen kann.

Das Schreiben eines Romans zieht sich auf jeden Fall – egal, wie schnell man schreibt – über längere Zeit hin, und wenn man beim Schreiben allzu große Pausen einlegt, muß man jedes Mal wieder von vorn anfangen.

Das ist nicht sinnvoll.

Somit empfiehlt es sich, sich jeden Tag eine feste Zeit auszusuchen – bei manchen ist das direkt nach dem Aufstehen. Sie stehen eine Stunde früher auf als normal, um Zeit fürs Schreiben zu haben – und diese Zeit jeden Tag für die Arbeit an Ihrem Roman zu nutzen. Am Wochenende, wenn man nicht zur Arbeit muß, kann man dann einmal ausschlafen und dafür mehrere Stunden hintereinander arbeiten.

So ungefähr habe ich meinen Roman »Taxi nach Paris« geschrieben. Die Wochenenden schrieb ich durch, von morgens bis abends, und an den Wochentagen setzte ich mich jeden Tag hin, las das, was ich am Tag zuvor geschrieben hatte, und schrieb die nächste Szene.

Überhaupt ist die Einteilung in Szenen günstig. Ein Roman besteht aus 20, 30 Kapiteln, manchmal auch mehr. Ein Kapitel kann durchaus sehr lang sein, oftmals ist es unmöglich, ein ganzes Kapitel an einem Tag zu schreiben.

Also nehmen Sie sich das gar nicht erst vor. Nehmen Sie sich vor, eine Szene zu schreiben. Gestern haben Sie eine Liebesszene geschrieben, das bedeutet, heute muß etwas anderes kommen, eine Szene, die einen Konflikt enthält, denn das ist das Prinzip des Spannungsaufbaus: Auf und Ab.

Szenen mit Konflikten bedeuten für mich immer Streß. Ich bin harmoniesüchtig.

Somit weiß ich also, daß eine Szene, die einen Konflikt enthält, mich wahrscheinlich mehr Zeit kosten wird als eine Liebesszene, in der sich alles von selbst ergibt.

Das macht aber nichts. Da muß man durch. Ein Roman, der keine Konflikte enthält, ist langweilig. Insbesondere, wenn es sich um eine Liebesgeschichte handelt.

Also schreibe ich von der neuen Szene vielleicht nur die Hälfte und die andere Hälfte dann morgen.

Ja, mühsam ernährt sich das Eichhörnchen . . .

Vielleicht ist eine ganze Szene pro Tag auch bereits zuviel. Dann nehmen Sie sich eine bestimmte Anzahl Wörter vor, die Sie pro Tag schreiben wollen, oder eine halbe Seite, eine ganze Seite. Hauptsache, Sie schreiben.

Machen wir einmal ein Rechenbeispiel:

Die Mindestlänge für Romane bei el!es ist ca. 60.000 Wörter.

Gehen wir einmal davon aus, daß wir so gut sind wie Irmgard Keun, dann hätten wir also vier Wochen Zeit, diesen Roman zu schreiben.