Dialoge sind das Salz in der Suppe. Ohne Dialoge wirken die meisten Texte langatmig oder sogar langweilig. Dialoge sorgen für Lebendigkeit, entwickeln die Figur weiter oder erlauben tiefere Einblicke in ihre Gefühlswelt, schaffen spannende Augenblicke.

Als ich anfing zu schreiben, waren Dialoge in meinen Texten eher selten. In der Schule schreibt man Aufsätze, keine Dialoge. Auch an der Uni waren Dialoge nicht Teil der Ausbildung, sondern man musste sich wissenschaftlich einem Thema nähern, Bücher über das Thema lesen und diese dann wiederum in einer eigenen Arbeit zusammenfassen. Wo hätten Dialoge da einen Platz gehabt?

Dialoge sind eher ein Teil der gesprochenen Sprache, weniger der geschriebenen. Dennoch leben gerade Unterhaltungsromane von Dialogen. Es gibt keinen Krimi, Liebesroman, Thriller ohne Dialoge.

Theaterstücke, Fernsehserien oder Filme leben gar ausschließlich von Dialogen. Deshalb näherte ich mich dem Thema Dialog auch erst so richtig, als ich einen Drehbuchkurs absolvierte. Ich wollte wissen, wie man ein Drehbuch schreibt, was der Unterschied zu einem Roman ist.

Der Unterschiede gibt es viele, aber das Auffälligste in einem Drehbuch ist, dass es praktisch ausschließlich aus Dialog besteht, nur unterbrochen von kleinen Regieanweisungen.

Das liegt in der Natur der Sache, denn ein Drehbuch wird bei der Umsetzung ergänzt durch Bilder. Die Schauspieler sprechen den Text, die Zuschauer sehen dabei die Menschen, die Umgebung, was sie tun, hören an der Melodie der Sprache, was gemeint ist, sehen an Gesten, was die Figur denkt oder zu verstecken versucht.

Dieser Teil – der Bildteil – fehlt in einem Roman und muss durch Beschreibungen ersetzt werden. Oder es muss im Dialog klarwerden, was begleitende Gesten, Mimik, Gedanken sein könnten.

Dennoch muss der Dialog klarer strukturiert sein als beispielsweise eine lange Passage mit Landschaftsbeschreibung. Während man durchaus mehrere Sätze oder sogar Absätze hintereinander in Wäldern, Flüssen oder auch Häuserschluchten schwelgen kann, ist eine Dialogzeile beendet, wenn der Sprecher oder die Sprecherin wechselt.

Diese kleinen Absätze sind äußerst wichtig, wie man an diesem Beispiel sehen kann:

Hella schnappte hörbar nach Luft. Soeben hatte eine Frau den Raum betreten, die ihr im wahrsten Sinne des Wortes den Atem raubte. Wie gefesselt hing Hellas Blick an ihr. Leises Lachen unterbrach die Anbetung. „Vergiss es. Mach dir keine Hoffnungen.“ Irritiert blickte Hella in das Gesicht ihrer Freundin Suse. „Was?“ Suse schmunzelte. „Du bist nicht die erste, die so auf sie reagiert, aber glaub mir, es hat keinen Sinn.“ „Was soll das heißen?“ Mittlerweile hatte Hellas Blick sich wieder zu der Frau hinübergestohlen, die lässig an die Bar geschwebt war. Die Discothek war bereits gut gefüllt an diesem Frauentanzabend, aber Hella erschien es so, als gäbe es nur einen strahlenden Stern zwischen sonst unsichtbaren Schatten. „Sie kommt, um jemand für die Nacht aufzureißen, nicht, weil sie was auf Dauer sucht“, erklärte Suse. „An ihr haben sich schon einige die Zähne ausgebissen, die das nicht glauben wollten.“ Hella hatte nur halb zugehört. Fasziniert folgten ihre Augen jeder Bewegung der Frau an der Bar. „Du bist kein Typ für One-Night-Stands!“ Suse boxte sie in die Seite, um ihre Aufmerksamkeit zu erregen. „Schon vergessen?“ Widerwillig drehte Hella den Kopf zu ihr. „Nein.“ Sie verzog das Gesicht. „Dann lass sie in Ruhe. Sie bricht dir das Herz und trinkt dabei genüsslich Kaffee. Sie ist kalt wie Eis.“ Suses Blick wurde besorgt. „Ich möchte nicht, dass dir das noch mal geschieht.“ Trotz Suses eindringlicher Warnung konnte Hella sich nicht von der Frau losreißen, die jetzt lächelnd mit einer anderen sprach. Durch den Raum schwenkende Lichter fingen sich in ihrem dunklen Haar, das wie samtener Sternenhimmel glänzte. „Verdammt“, seufzte Suse. „Schon passiert.“ „Das ist doch nur Neid“, erwiderte Hella, ohne Suse anzusehen. „Sie sieht gut aus, und deshalb werden solche Geschichten über sie verbreitet.“ „Lass die Finger von ihr. Bitte.“ Suses Hand legte sich auf Hellas Arm. „Glaub mir, das sind nicht nur Geschichten. Das sind Erfahrungswerte.“ „Deine Erfahrung?“, fragte Hella süffisant. „Nein“, sagte Suse. „Ich bin wohl eine der wenigen, die immun gegen sie ist. Ich sehe nur eine Frau mit kalten Augen wie die einer Schlange. Ich weiß nicht, wie man auf so was reinfallen kann.“

Kann man das wirklich lesen? Eher nicht, oder? Manchmal weiß man noch nicht einmal, wer hier gerade spricht. Und es ist anstrengend, dem Gespräch zu folgen, so ganz ohne Absätze.

 

Wenn man das Ganze jedoch mit Absätzen an den richtigen Stellen unterteilt, sieht das gleich ganz anders aus:

Hella schnappte hörbar nach Luft. Soeben hatte eine Frau den Raum betreten, die ihr im wahrsten Sinne des Wortes den Atem raubte. Wie gefesselt hing Hellas Blick an ihr.

Leises Lachen unterbrach die Anbetung. „Vergiss es. Mach dir keine Hoffnungen.“

Irritiert blickte Hella in das Gesicht ihrer Freundin Suse. „Was?“

Suse schmunzelte. „Du bist nicht die erste, die so auf sie reagiert, aber glaub mir, es hat keinen Sinn.“

„Was soll das heißen?“ Mittlerweile hatte Hellas Blick sich wieder zu der Frau hinübergestohlen, die lässig an die Bar geschwebt war. Die Discothek war bereits gut gefüllt an diesem Frauentanzabend, aber Hella erschien es so, als gäbe es nur einen strahlenden Stern zwischen sonst unsichtbaren Schatten.

„Sie kommt, um jemand für die Nacht aufzureißen, nicht, weil sie was auf Dauer sucht“, erklärte Suse. „An ihr haben sich schon einige die Zähne ausgebissen, die das nicht glauben wollten.“

Hella hatte nur halb zugehört. Fasziniert folgten ihre Augen jeder Bewegung der Frau an der Bar.

„Du bist kein Typ für One-Night-Stands!“ Suse boxte sie in die Seite, um ihre Aufmerksamkeit zu erregen. „Schon vergessen?“

Widerwillig drehte Hella den Kopf zu ihr. „Nein.“ Sie verzog das Gesicht.

„Dann lass sie in Ruhe. Sie bricht dir das Herz und trinkt dabei genüsslich Kaffee. Sie ist kalt wie Eis.“ Suses Blick wurde besorgt. „Ich möchte nicht, dass dir das noch mal geschieht.“

Trotz Suses eindringlicher Warnung konnte Hella sich nicht von der Frau losreißen, die jetzt lächelnd mit einer anderen sprach. Durch den Raum schwenkende Lichter fingen sich in ihrem dunklen Haar, das wie samtener Sternenhimmel glänzte.

„Verdammt“, seufzte Suse. „Schon passiert.“

„Das ist doch nur Neid“, erwiderte Hella, ohne Suse anzusehen. „Sie sieht gut aus, und deshalb werden solche Geschichten über sie verbreitet.“

„Lass die Finger von ihr. Bitte.“ Suses Hand legte sich auf Hellas Arm. „Glaub mir, das sind nicht nur Geschichten. Das sind Erfahrungswerte.“

Deine Erfahrung?“, fragte Hella süffisant.

„Nein“, sagte Suse. „Ich bin wohl eine der wenigen, die immun gegen sie ist. Ich sehe nur eine Frau mit kalten Augen wie die einer Schlange. Ich weiß nicht, wie man auf so was reinfallen kann.“

 

Die äußere Struktur ist also wichtig, aber was noch viel wichtiger ist, kann man an diesen wenigen Sätzen ebenfalls erkennen. Sie werden zur Charakterisierung der Hauptfigur genutzt. Hella ist offensichtlich eine romantische Seele, die sich leicht verliebt – und vorzugsweise in die falsche Frau.

Wir erfahren in diesem kurzen Text mit Hilfe des Dialogs bereits einiges über sie. Es wäre viel langweiliger gewesen, wenn ich das einfach nur hingeschrieben hätte. Hella beschrieben hätte wie in einem Lebenslauf.

Ein Dialog transportiert lebendige Information, keine toten Fakten. Deshalb sollte man immer viel Sorgfalt auf den Dialog verwenden, die Figuren nicht einfach so vor sich hinplappern lassen. Jeder Satz ist bedeutsam und muss sitzen, genau auf den Punkt.

Wie beim Salz in der Suppe ist es auch bei Dialogen: Nicht zu viel und nicht zu wenig. Ein Buch, das ausschließlich aus Dialog besteht, wäre schwierig zu lesen und anstrengend. Ein Buch, in dem es keine oder nur sehr wenige Dialoge gibt, kann schnell unlebendig wirken. Ein Buch, in dem Dialoge zwar da sind, aber keine Bedeutung haben, die Geschichte nicht voranbringen, ist wahrscheinlich ziemlich langweilig.

Deshalb sollte man sich bei einem Dialog immer fragen, welche Funktion er hat. Und wenn er keine Funktion hat, sondern nur so vor sich hinplätschert, muss man ihn – leider – streichen.

Schöner ist es allerdings, wenn man Dialoge hinbekommt, die die Figuren charakterisieren, ihre Gefühlswelt ausleuchten und die Geschichte voranbringen. Dann wird die Leserin gar nicht schnell genug zur nächsten Seite umblättern können und das Buch atemlos bis zur letzten Seite verschlingen.