Da das hier meine private Seite ist, schreibe ich hier auch einmal über Dinge, die nichts mit Schreiben zu tun haben. 🙂 Das letzte Mal habe ich einen Artikel über die Beziehung zwischen Musik und Schreiben verfasst, diesmal schreibe ich einen Artikel, der sich nur mit Musik beschäftigt. Und da noch nicht einmal mit der Musik selbst, sondern mit dem, womit man heutzutage Musik macht.

Das sind nämlich in vielen Fällen keine akustischen Instrumente mehr, die den Klang aus ihrem Resonanzkörper herausholen, sondern digitale oder elektrisch verstärkte. Mein Saxophon gehört noch in den Bereich der rein akustischen Instrumente, da brauche ich keine Verstärkung oder Digitalisierung, aber mein Digitalpiano könnte aus sich selbst heraus schon nicht mehr klingen.

Es hat zwar eingebaute Klänge, aber keine Saiten mehr, die schwingen oder Hämmer, die die Saiten anschlagen können. Das wird alles über Klänge geregelt, die zuvor aufgenommen wurden, von großen und guten Instrumenten richtig mit dem Mikrofon, und beim Betätigen einer Taste dann wieder abgespielt werden. Durch die eingebauten Lautsprecher, nicht durch einen Resonanzboden wie bei einem echten Klavier.

Diese Klangerzeugung, das nennt man Sampling, ist gar nicht einmal schlecht, je nachdem, welche Klaviere oder Flügel da mit dem Mikrofon aufgenommen wurden. Dennoch können die kleinen Lautsprecher, die man in so ein Gerät einbauen kann, niemals den Klang eines echten Klaviers erzeugen oder gar eines echten Flügels. Das war lange Zeit ein Problem, weshalb Digitalklaviere dann oft doch recht künstlich klangen, obwohl echte Klänge abgespielt wurden.

In den letzten Jahrzehnten, seit ich mein Roland Heimpiano erworben habe, hat sich da jedoch sehr viel getan. Mein Roland klang damals Ende der 90er, als ich es kaufte, erstaunlich gut, heute ist es von der technischen Entwicklung überrollt worden und könnte nicht mehr konkurrieren. Dennoch hat es eine gute Tastatur, die mir fast das Gefühl vermittelt, ein echtes Klavier zu spielen.

Doch jedes Mal, wenn ich mich – jetzt, da ich mehr Zeit habe – ans Klavier gesetzt habe, hat mich der künstliche Klang davon abgehalten, so viel zu spielen, wie ich eigentlich spielen wollte. Manchmal waren auch meine Rückenschmerzen der Grund, aber oftmals konnte ich den Klang wirklich nicht ertragen. Er stach dann nach einiger Zeit richtig in meine Ohren. Wenn ich mit Kopfhörern spiele, geht es einigermaßen, aber wenn ich den Ton über die Lautsprecher abspiele – was mir wesentlich lieber ist –, empfinde ich es manchmal fast wie das Klirren von Glas.

Und das liegt an der Tonerzeugung im Klavier, die ihre Zeit einfach hinter sich hat. Heutzutage baut Roland natürlich eine sehr viel modernere Klangerzeugung in ihre Digitalpianos ein, auch bessere Lautsprecher, und ich würde jedem, der sich für so etwas interessiert, empfehlen, sich die Roland-Digitalpianos einmal genauer anzusehen, wenn man sich eins kaufen will. Aber es gibt auch sehr gute Digitalpianos von Kawai und anderen Firmen. Insbesondere die Kawai-Tastaturen finde ich sogar noch etwas besser als die von Roland. Aber das ist Geschmackssache.

Und es kommt auch darauf an, was man spielen will. Ich spiele hauptsächlich klassische Stücke, und da spielt neben der Qualität der Tastatur der Klang schon eine sehr große Rolle, ob ein Stück gut wirkt oder nicht. Wenn man einen Pop-Song spielt, ist das möglicherweise nicht so entscheidend.

So stand ich also vor der Wahl, mir entweder für teures Geld ein neues Roland- oder Kawai-Digitalpiano zuzulegen oder … Und da kommt Pianoteq ins Spiel. Eine Audiomodeling-Software, die man für wenig Geld kaufen kann und die genau den Klang erzeugt, den ich mir wünsche, nämlich den eines alten Blüthner-Flügels.

Die Blüthner Pianofortemanufaktur ist ein alteingesessener Familienbetrieb aus Leipzig, der bereits seit 1853 Klaviere und Flügel baut. Eine der ältesten Klavierbau-Firmen der Welt. Die sich zudem immer noch in Familienbesitz befindet. Und sie haben einen ganz speziellen Klang bei ihren Instrumenten entwickelt, der auf der Art beruht, wie die Saiten gespannt sind usw. Ich bin keine Klavierbauerin und kenne mich da nicht so aus. Aber womit ich mich auskenne, ist Musik und ein schöner Klang. Und den haben die Blüthner-Instrumente, insbesondere die Flügel.

Also war mein Trauminstrument ein Blüthner-Flügel. Aber so etwas kann ich mir nicht leisten. Der Blüthner-Flügel Modell 1, dessen Klang mir so sehr gefällt, ist nicht nur 2,80m lang, sondern auch schlappe 150.000 Euro teuer. Das liegt weit außerhalb dessen, was ich auch nur im Entferntesten aufbringen könnte. Da könnte jemand auch eine Million sagen oder zwei oder zehn, das käme aufs selbe hinaus.

Glücklicherweise hat die Firma Blüthner sich jedoch dazu entschlossen, mit Pianoteq zusammenzuarbeiten und zu erlauben, dass dort der Klang eines Blüthner-Flügels Modell 1 nachgebildet, also „audiomodeliert“ wird. Das heißt, der Klang wird rein im Computer erzeugt, aber dem Original-Klang so nachempfunden, dass man meinen könnte, einen Blüthner-Flügel zu spielen. Zumindest wenn man die Augen schließt und nur zuhört. 🙂 Und Pianoteq war damals vor ein paar Jahren, als ich es kaufte, für unter 100 Euro zu haben. Also doch ein kleiner Unterschied zu 150.000.  😉

Genauso wie der Unterschied der Klänge, die aus meinem alten Roland kamen, und der Klänge, die jetzt aus meinen normalen Lautsprechern kommen, wenn ich mit Pianoteq spiele. Die Lautsprecher meiner Stereoanlage sind zwar auch schon an die 30 Jahre alt, aber immer noch gut. Man kann den Blüthner-Flügel richtig spüren, so vibrieren die Töne.

Der Blüthner-Klang ist ein sehr weicher, warmer Klang, so ungefähr das Gegenteil von Steinway, was ich immer als sehr hart und brillant empfinde. Viele Leute mögen das, und auf vielen Konzertbühnen der Welt stehen Steinways, viele professionelle Pianisten spielen sie, aber ich mag den Klang nicht. Mir klirrt er fast so in den Ohren wie der künstliche Klang meines alten Roland-Digitalpianos.

Das ist natürlich nicht zu vergleichen, das ist mir auch klar, ein Steinway ist immer noch ein Steinway und kein Digitalpiano, da liegen Welten dazwischen, aber für mich, die ich vor den Lautsprechern sitze, spielt das keine Rolle. Ich möchte einen warmen, weichen Klang, und den liefert mir Steinway einfach nicht. Denn Pianoteq enthält auch zwei Steinways, einmal den, der in Hamburg gebaut wird, und dann noch den, der in New York gebaut wird (und noch härter klingt als der aus Hamburg), und beide benutze ich nicht. Ich stelle meinen Blüthner ein und spiele und genieße das Wogen der Töne, die aus den Lautsprechern kommen und nicht hart, sondern zart klingen. 😊

So kommt mein altes Roland, das nun schon fast 25 Jahre auf dem Buckel hat, auch noch zu Ehren, ich muss nichts in ein neues Digitalpiano investieren, und trotzdem habe ich das Gefühl, auf der Bühne eines Konzertsaals zu sitzen und einen 2,80m langen Flügel zu spielen.

Es macht sehr viel Spaß, diesen Klängen zu lauschen und so in die Welt der Musik zu versinken, Chopin oder Mozart oder Beethoven zu spielen und das Gefühl zu haben, sie hätten diesen Klang auch genossen. 🙂