Es gibt immer wieder neue Methoden, die beim Schreiben helfen sollen. Eine davon ist der Vorschlag, in Abschnitten von exakt 48 Minuten zu arbeiten und sich jeweils danach eine Pause von 12 Minuten zu gönnen, bevor man mit dem nächsten 48-Minuten-Abschnitt beginnt.
Klingt interessant, der Vorschlag, dachte ich mir, denn oftmals sitzt man doch zwei, drei oder mehr Stunden vor dem Computer, und es kommt irgendwie nichts dabei heraus. Ein Autor berichtet, daß er die 48-Minuten-Methode angewandt hat, und zwar vier Mal pro Tag, was also insgesamt vier Stunden ergibt, von denen er drei Stunden und zwölf Minuten gearbeitet hat. Angeblich hat er mit dieser Technik in gerade einmal zwei Wochen ein 200-Seiten-Buch geschrieben.
Ich kann nicht überprüfen, ob das stimmt, und ich weiß auch nicht, um welche Art von Buch es sich gehandelt hat, möglicherweise ist es ein kleines Ratgeber-Büchlein, das sich so schnell schreiben läßt. Für Romane ist das wohl eher die Ausnahme.
Dennoch finde ich den Ansatz faszinierend, denn gerade beim Schreiben ist eine Begrenzung durchaus von Vorteil ebenso wie ein Ziel.
Wer sich also damit beschäftigen will, lege sich einen Wecker zu, der laut klingelt. Oder ein kleines Programm, das man auf jedem Computer installieren kann, das »Timerle«. Süß, nicht? Ich benutze das Timerle mittlerweile für fast alles, weil es so praktisch ist.
Sie haben das Timerle installiert? Okay, dann kann’s losgehen. Setzen Sie die Zeit auf 48 Minuten, schließen Sie alle Ablenkungen aus (Telefon ausgeschaltet, Fernseher, Radio, Hausklingel, Mailprogramm, Messenger, Kinder zur Oma geschickt?) und arbeiten Sie ununterbrochen 48 Minuten lang.
Sobald der Wecker klingelt, stehen Sie auf, strecken Sie sich, gähnen Sie, holen Sie sich einen Kaffee oder einen Keks, erholen Sie sich 12 Minuten lang. Dann gehen Sie an Ihren Computer zurück und beginnen die nächsten 48 Minuten. Und so weiter, bis Sie das Gefühl haben, genug gearbeitet oder das Ziel für heute erreicht zu haben.
Vielleicht reichen auch einmal 48 Minuten aus, denn wichtig an der Methode ist, daß Sie sich für diese 48 Minuten von nichts ablenken lassen. Konzentrieren Sie sich einzig und allein aufs Schreiben, hauen Sie in die Tasten, ohne auf Fehler zu achten. Bringen Sie so viel wie möglich zu Papier.
Danach – nach der zwölfminütigen Pause – schreiben Sie etwas anderes oder tun Sie 48 Minuten lang etwas anderes. Konzentrieren Sie sich auch auf diese Aufgabe in den 48 Minuten ausschließlich, ohne sich ablenken zu lassen.
Diese Methode hilft, die eigene Produktivität gewaltig zu steigern, denn was uns am meisten Zeit kostet, sind Unterbrechungen. Es ist ja nicht so, daß eine Unterbrechung von fünf Minuten uns fünf Minuten raubt, die wir hätten schreiben können, nein, eine Unterbrechung kostet viel mehr Zeit. Denn die Unterbrechung selbst bringt uns aus dem Thema heraus, nach der Unterbrechung müssen wir uns erst wieder in das Thema hineindenken, erst wieder in Stimmung kommen.
Stellen Sie sich vor, Sie waren gerade dabei, eine zärtliche Liebesszene zu schreiben. Jemand unterbricht Sie, das Telefon klingelt oder der Postbote kommt, ein Kind stürmt herein. Auch wenn Sie die Unterbrechung auf fünf Minuten begrenzen konnten, Sie werden danach in einer anderen Stimmung sein, Sie können nicht einfach da weitermachen, wo Sie aufgehört haben. Es gibt Szenen, die man dann nie mehr fertigschreiben kann, die ewig unvollendet liegenbleiben.
Deshalb ist es also am allerbesten, alle Unterbrechungen von vornherein zu vermeiden. 48 Minuten lang. Das ist keine Ewigkeit, und das Ende ist absehbar.
Das heißt natürlich nicht, daß die Aufgabe in diesen 48 Minuten erledigt sein muß. Wenn Sie ein ganzes Kapitel schreiben wollten, werden die 48 Minuten kaum ausreichen; Sie brauchen mehrere 48-Minuten-Abschnitte, um das zu erreichen. Also setzen Sie sich nicht unnötig unter Druck, indem Sie meinen, irgend etwas müßte fertig sein bei Ablauf dieser 48 Minuten. Sie machen einfach nur nach 48 Minuten eine Pause.
Diese Methode eignet sich auch sehr gut dazu, verschiedene Aufgaben, die ich am selben Tag erledigen muß, zu kombinieren. Ich arbeite also 48 Minuten an Aufgabe 1, z.B. Schreiben, dann 12 Minuten Pause, dann arbeite ich 48 Minuten an Aufgabe 2, z.B. Kochen, dann 12 Minuten Pause, dann arbeite ich 48 Minuten an Aufgabe 3, z.B. eine Excel-Liste für meine Steuerberaterin erstellen, dann 12 Minuten Pause, usw.
Gerade Aufgaben, die man nicht gern erledigt – Steuer, ih! – werden so in ein festes Korsett eingebunden und rechtzeitig abgehakt. Dadurch bleibt Ihnen mehr Zeit fürs Schreiben, fürs Lesen, für Dinge, die Sie gern tun.
Probieren Sie’s einfach mal aus.