Das 1. Kapitel ist das schwerste. Denn um mit dem Schreiben anfangen zu können, muß man erst einmal eine Idee haben. Wäre dies ein allgemeiner Schreibkurs, würde ich Ihnen jetzt raten, nach einer Idee zu suchen.

Aber Sie haben es viel leichter, denn dies ist ein el!es-Schreibkurs. Also geht es hier um was? Ja, genau. Um lesbische Liebesromane. Sie haben also ein ganzes Jahr Zeit, um eine lesbische Liebesgeschichte zu schreiben. Kommt Ihnen das kurz oder lang vor?

Ob einem das kurz oder lang vorkommt, hängt sicherlich auch von der Erfahrung ab, die man mit Schreiben hat. Fängt man gerade erst an, kann einem die Zeit sehr kurz erscheinen, ist man eine erfahrene Autorin, reichen oftmals ein paar Wochen für einen Roman.

Wir haben hier genau ein Jahr, ob erfahren oder nicht, und ich denke, einen Versuch ist das wert. Setzen Sie die Meßlatte jedoch nicht zu hoch an. Sie müssen kein Meisterwerk schaffen. Falls es Ihr erster Roman ist, denken Sie daran, daß nur die wenigstens Erstlingsromane Meisterwerke oder auch nur »gute Romane« waren. Oftmals braucht man ein paar Anläufe, bis ein Roman so gut ist, daß er veröffentlicht werden kann.

Wenn Sie zu den Glücklichen gehören sollten, die gleich beim ersten Mal das große Los ziehen: Glückwunsch! Bei mir hat es drei Anläufe gebraucht. Meine ersten beiden Romane konnte ich in der Tat wegwerfen.

Jeder Weg, auch einer von tausend Kilometern, beginnt mit dem ersten Schritt, wie wir wissen. Wenn man diesen ersten Schritt nicht macht, wird man auch die tausend Kilometer niemals hinter sich bringen.

Und was ist der erste Schritt bei einem Roman? Der erste Satz.

Kommt Ihnen bekannt vor? Ja, stimmt, das mit den ersten Zeilen, den verfluchten ersten Zeilen, wie ich es genannt habe, haben wir hier auf der Webseite in der »Schreibwerkstatt« schon mit Erfolg betrieben. Also müßte es Ihnen ja sehr leicht fallen, diesen ersten Satz zu vervollständigen.

Da wir die Idee der lesbischen Liebesgeschichte schon haben, sollte der erste Satz wenn möglich gleich in diese Richtung gehen. Am einfachsten wäre ein Satz wie:

1. Sie trafen sich das erste Mal auf/bei/im . . .?

Auch die Perspektive aus der Sicht einer der beiden Personen ist möglich:

2. Als ich sie das erste Mal sah, dachte ich sofort . . .

Oder dasselbe in der 3. Person (was die bessere Wahl wäre):

3. Als Vanessa Carmen das erste Mal sah, dachte sie sofort . . .

Natürlich kann man die Erwartungen auch erst einmal enttäuschen. So beginnt einer meiner Romane mit dem Satz:

»Ich stehe nicht auf Frauen!«

Und der erste Satz von »Taxi nach Paris« lautet:

»Ich mag es, wenn die Frauen sich wehren!«

Übel, oder? 

Wichtig ist, die Aufmerksamkeit der Leserin zu wecken. Und auch wenn Schilderungen dafür im allgemeinen nicht empfohlen werden, kann man auch sie dazu verwenden.

A. »Es war ein schöner Morgen, auch wenn er überhaupt nicht zu Katharinas Stimmung paßte.«

Oder im Gegenteil:

B. »Es war ein schöner Morgen, der genau zu Katharinas Stimmung paßte.«

Auch ganz ohne die Beteiligung einer Person anzufangen ist möglich:

C. »Die Blätter rauschten, als ob sie mit dem Autolärm konkurrieren wollten.«

Und selbstverständlich kann man immer mit einem Dialog beginnen:

»Darf ich mich setzen?«
Corinna blickte vom Fenster des Flugzeugs, durch das sie das Treiben auf dem Rollfeld beobachtet hatte, wieder zurück in den Innenraum. Eine Frau stand in dem schmalen Gang zwischen den Sitzen und versuchte dem Druck der nachfolgenden Passagiere auszuweichen.
»Oh . . . ja . . . Entschuldigung.« Corinna raffte die Tüten zusammen, die sie auf den Sitz neben sich gestellt hatte. »Ich habe gar nicht daran gedacht –«
Sie stellte eine Tüte vor sich in den Fußraum, aber mehr Platz war dort nicht. Also wand sie sich mühsam aus dem Sitz heraus. Das heißt, das wollte sie, da sagte die andere Frau: »Geben Sie die Tüten mir. In der Ablage ist noch Platz.«
Corinna war einen Moment verwirrt, dann reichte sie der anderen Frau die Tüten. »Es ist einfach immer zu wenig Platz in diesen Fliegern«, sagte sie.

Das ist der Anfang der Schreibübung »Zwei Frauen treffen sich im Flugzeug« hier in der Schreibwerkstatt.

Ich denke, nun haben Sie einiges an Anregungen bekommen. Beginnen Sie mit dem ersten Treffen der beiden Frauen, egal wo und wie es stattfindet. Und in einer Woche sollten 1.500 Wörter (natürlich dürfen es auch mehr sein, aber nicht weniger) darüber geschrieben und hier in den Kommentaren eingetragen sein.

Viel Spaß!