Nun habe ich dieses Buch geschrieben, es steht Ende darunter, und was mache ich jetzt? Das ist glaube ich die Frage für jede Schriftstellerin, wenn sie gerade ein Buch beendet hat.

Während es für nicht professionelle Autorinnen reicht, vielleicht ein Buch pro Jahr zu schreiben oder sogar nur eins alle paar Jahre, weil sie noch einen anderen Job haben, der ihren Lebensunterhalt garantiert, leben wir von dem, was wir schreiben. Es ist unser täglich Brot. Wir stehen morgens auf, setzen uns an den Schreibtisch und schreiben. Das ist unser Job.

Doch anders als bei anderen Jobs ergibt sich das, was wir schreiben, nicht einfach von selbst. Kein Chef kommt und erteilt uns Aufträge, sagt uns, was wir tun sollen. Keine Produktion läuft einfach weiter, wenn wir nicht da sind, muss nur noch kontrolliert werden, ob die Qualität stimmt oder ob alles glatt läuft, etwas repariert werden muss, Material für die Verarbeitung fehlt.

Wir sind alles in einem: die Maschine, die etwas produziert. Die Kontrolle, dass die Qualität stimmt. Unser eigener Chef beziehungsweise unsere eigene Chefin, die uns Aufträge erteilt, und gleichzeitig unsere eigenen Angestellten, die diese Aufträge ausführen. Wir sind ein Ein-Mann- oder ein Ein-Frau-Betrieb. Wenn ich nicht schreiben kann, kann mich niemand vertreten.

Aber es ist ja auch so, dass wir schreiben wollen. Sonst hätten wir diesen Beruf nicht gewählt. Schließlich gibt es genügend andere, durchaus interessante Berufe, die wir hätten wählen können. Das haben wir aber nicht getan, sondern alles, was wir wollen, ist schreiben. Jeden Tag oder fast jeden Tag, denn manchmal ist man ja auch krank oder es fällt einem nichts ein.

Gerade, wenn ich ein Buch beendet habe und nach dem Thema für ein neues Buch suche, wünsche ich mir Inspiration. Im Gegensatz zu der romantischen Vorstellung, der viele Leute, die noch nie ein Buch geschrieben haben oder nur ab und zu eins schreiben, anhängen, ist Schreiben harte Arbeit. Und Inspiration kann man sich nicht einfach so mit einem Fingerschnippen herbeiwünschen.

Ich fand immer, dass der Austausch mit anderen Autorinnen mir hilft, und viele Jahre lang war das el!es Schreibforum deshalb mein täglicher Aufenthaltsort. Nach dem letzten LLP jedoch ist das ziemlich eingeschlafen.

Gerade die letzten Jahre – mit der Pandemie und allem, was damit zusammenhing – haben uns sehr erschöpft und zum Teil aus der Bahn geworfen, aus der Routine des Schreibens. Weil so viele andere Dinge wichtiger waren oder uns belastet haben. Weil wir uns um Dinge kümmern mussten, über die wir davor vielleicht gar nicht nachgedacht haben.

Autorinnen, die Kinder haben, mussten ihre Kinder plötzlich zu Hause unterrichten und hatten keine Zeit mehr zu schreiben. Einige sind krank geworden oder mussten sich um kranke Verwandte kümmern, haben sich Sorgen gemacht. Sich täglich einfach nur an den Schreibtisch zu setzen und zu schreiben, kam einem fast egoistisch vor.

Glücklicherweise ist diese Zeit nun so gut wie vorbei. Es gibt zwar immer noch einige Einschränkungen, aber das normale Leben hat uns wieder. Vielleicht etwas verändert, hoffentlich etwas bewusster, was unsere eigenen Bedürfnisse und auch die anderer angeht. Dennoch geht das Leben weiter, und wir können auch wieder daran denken, uns nur dem Schreiben zu widmen.

Und auf einmal hat sich auch das Schreibforum wieder belebt, nachdem es einige Zeit brachgelegen hatte. Es werden wieder Romane dort geschrieben. Wir unterhalten uns wieder über das Schreiben und die Probleme, die dabei auftauchen können, motivieren und inspirieren uns gegenseitig.

Eine Autorin hat den Anfang gemacht, indem sie ein Buch aus dem alten Schreibforum, das sie nie hatte beenden können, wieder hervorgeholt hat. Solche Bücher hängen einem manchmal wie ein Mühlstein um den Hals. Man kommt sich wie eine Versagerin vor, weil man es nicht geschafft hat, über einen bestimmten Punkt hinauszukommen.

Dafür gibt es viele Gründe. Meistens ist man an irgendeinem Punkt der Geschichte falsch abgebogen. Das war hier der Fall. Deshalb hatte Steffi vor zwei Jahren aufgehört, weiter an dem Buch zu schreiben. Sie konnte einfach nicht über einen bestimmten Punkt hinauskommen.

Aber zwei Jahre sind eine lange Zeit, und jetzt schreibt sie jeden Tag an dem Buch, hat eine andere Abzweigung genommen und kommt gut voran. Sehr gut sogar.

Ich kenne das auch aus meiner eigenen Erfahrung. Es gibt Bücher, die einfach Zeit brauchen. Manchmal hat man sich so verrannt, dass man nicht mehr weiter weiß. Wenn man da nicht aufhört und eine Pause macht, dreht man sich immer nur im Kreis.

Nachdem Steffi nun den Anfang gemacht hatte und jeden Tag ein neues Stück, eine neue Szene ihrer Geschichte im Forum einstellt, haben auch andere Autorinnen sich davon inspirieren lassen. Auch ich habe über eine neue Geschichte nachgedacht und sogar schon die ersten Sätze ins Forum gestellt.

Nun gut, es ist keine neue Geschichte, es ist eine Fortsetzung. Die wollte ich schon lange schreiben, aber es sind mir immer andere Dinge dazwischengekommen. Die habe ich zu Hause allein vor dem Computer geschrieben, aber der Austausch mit anderen Autorinnen hat mir wirklich gefehlt.

Ich bin froh, dass das Forum nun neu erwacht ist und wir dort wieder gemeinsam schreiben. So werden selbst Geschichten, die man schon aufgegeben hatte, wie Steffi ihren Roman von vor zwei Jahren, auf einmal so lebendig, dass man sich fragt, wie man die überhaupt hatte liegenlassen können.

Geschichten sind manchmal wie Wellen. Sie kommen und gehen, lassen sich nicht fangen, scheinen unerreichbar. Und auch innerhalb einer Geschichte gibt es Wellen, die auf- und abschwellen, Wege, die man ausprobieren muss. Manchmal muss man zurückgehen, einen anderen Weg wählen, eine andere Abzweigung. Wie Steffi. Und dann läuft es auf einmal.

Man darf sich nicht entmutigen lassen, nur weil man einmal steckenbleibt oder weil einem die Inspiration fehlt. Es gibt immer eine neue Geschichte, eine neue Idee. Sonst wären wir nicht Schriftstellerinnen geworden.

Manchmal muss man Geduld haben. Zwei Jahre warten, bis man die richtige Abzweigung findet. Oder vielleicht sogar eine neue Idee für ein neues Buch, eine neue Inspiration.

Aber Inspiration braucht sich nicht auf. Sie ist immer da. Man kann sich auf sie verlassen, auch wenn sie vielleicht hin und wieder Urlaub macht.

Am schönsten ist es aber, wenn man vom Urlaub zurückkommt und seine Kolleginnen wiedertrifft, mit ihnen die neu gefundene Inspiration teilen kann.

Wie jetzt bei uns im Schreibforum. 😃